Nicht-essentielle Aminosäuren
Nicht-essentielle Aminosäuren bildet der Körper selbst, weshalb es prinzipiell dieselben sind wie die (in einem anderen Beitrag beschriebenen) semi-essentiellen Aminosäuren. Es gilt grundsätzlich: Nicht-essentielle Aminosäuren kann der Organismus selbst synthetisieren, essentielle hingegen nicht. Die semi-essentiellen Aminosäuren produziert er phasenweise oder unter bestimmten Belastungen nicht ausreichend, weshalb wir sie gesondert zuführen. Wir nehmen sie prinzipiell über die Nahrung auf. Auch nicht-essentielle Aminosäuren sind reichlich in unseren Lebensmitteln enthalten, nur ist es nicht ganz so schlimm wie bei den essentiellen, wenn wir davon zeitweise zu wenig essen, weil sie eben unser Körper selbst produziert.
Nicht-essentielle Aminosäuren als proteinogene Bausteine
Nicht-essentielle Aminosäuren gehören zu den proteinogen Bausteinen unseres Körpers. Diese bilden die Basis der körpereigenen Eiweiße und Peptide. Sie sind so wichtig für das Körpergewebe oder auch die Hormonsteuerung, dass ihre Produktion und Verwertung im menschlichen Erbgut codiert ist. Für die menschliche Gesundheit sind sie unverzichtbar. Wir zählen diese Vertreter dazu:
– L-Alanin
– L-Glutamin
– Asparaginsäure(L-Asparagin)
– Glutaminsäure
– Glycin
– Prolin
– Serin
Die Unterscheidung sämtlicher Aminosäuren in essentielle, nicht-essentielle und semi-essentielle ist allerdings etwas willkürlich und erfolgt auch immer wieder neu. Das hat etwas mit den unterschiedlichen Auffassungen zur Bewertung von proteinogenen Bausteinen zu tun. Welche Aminosäuren nämlich als essentiell, nicht-essentiell oder semi-essentiell bezeichnet werden, hat etwas mit der der Definition der „Bildung von Eiweißbausteinen“ zu tun. Es gilt grundsätzlich: Viele dieser Bausteine bildet der menschliche Körper selbst, gleichzeitig kann er sie aber auch über die Nahrung aufnehmen. Drittens kann er sie ineinander umwandeln. Einige Aminosäurenproteine (darunter beispielsweise das Glutamin) nehmen wir vielfach über Nahrung auf, sie sind jedoch gleichzeitig an andere Bausteine gebunden. Interessanterweise ist Glutamin derjenige Proteinbaustein, der am meisten im Körper frei verfügbar ist. Wegen dieser unscharfen Zuordnung der Aminosäuren zur essentiellen oder nicht-essentiellen Gruppe gibt es die dritte Gruppe der semi-essentiellen Aminosäuren, die der Körper überwiegend selbst synthetisiert, die wir aber auch in verschiedenen Lebensphasen zusätzlich zuführen müssen.
Bedeutung der nicht-essentiellen Aminosäuren für die Gesundheit
In den einschlägigen Beschreibungen zu Aminosäuren wird immer wieder auf die essentielle Gruppe hingewiesen, weil wir darauf achten müssen, sie in ausreichender Menge zuzuführen. Diese Darstellung assoziiert, dass die essentiellen Aminosäuren etwas wichtiger sein könnten, doch das stimmt natürlich nicht. Wenn der Körper aus irgendeinem Grund (in der Regel krankheits- oder entwicklungsbedingt) eine nicht-essentielle Aminosäure nicht ausreichend produzieren kann, ist das ebenfalls sehr gefährlich. Die nicht-essentielle Gruppe ist genauso relevant für unsere Gesundheit. Diese Aminosäuren haben im Körper lebenswichtige Funktionen. Jede einzelne Aminosäure aus der proteinogenen Substanzgruppe hat dabei eine eigene Aufgabe. Deshalb müssen wir darauf achten, dass die jeweiligen Spiegel der nicht-essentiellen Aminosäuren stimmen. Schwierig ist das deshalb, weil wir die Synthese dieser Aminosäuren nicht steuern können. Für sie benötigt der Körper weitere Substanzen. Das sind andere Aminosäuren und vorrangig B-Vitamine. Aus diesen Substanzen werden beispielsweise Tyrosin oder Alanin gebildet. Die gesundheitliche Bedeutung einzelner nicht-essentieller Aminosäuren lässt sich im knappen Überblick so beschreiben:
- Prolin: repariert Bindegewebs-, Haut- und Muskelschäden
- Tyrosin: reguliert unter anderem die Hormonausschüttung (Adrenalin, Dopamin, Melanin, Schilddrüsenhormone)
- Serin: reguliert die Glykogenumwandlung zu Glukose, fördert die Kreatinbildung für den Muskelaufbau, steuert Energiereserven
- Glutamin: steuert die Stickstoffkonzentration, stärkt das Immunsystem, unterstützt die Wundheilung
- Glycin: moduliert das Schmerzempfinden, reguliert die Immunabwehr, fördert das Gedächtnis durch seine Funktion als Botenstoff im ZNS und wirkt antioxidativ
- Cystein: wirkt antioxidativ, unterstützt das Immunsystem
- Asparagin: beeinflusst Emotionen und das Gedächtnis, wirkt bei der Entgiftung mit
- Arginin: fördert die Durchblutung und den Harnstoffzyklus
- Alanin: gehört zu den Muskelproteinen (Anteil: 6 %), fördert das Immunsystem, hemmt die Entstehung von Nierensteinen
Wie findet die Synthese von nicht-essentiellen Aminosäuren statt?
Das lässt sich am besten mit dem Beispiel Tyrosin erläutern. Die nicht-essentielle Aminosäure ist eine Ausgangssubstanz für Botenstoffe und Neurotransmitter sowie für das Schilddrüsenhormon Thyroxin. Gebildet wird sie aus Phenylalanin, das wir wiederum aus der Nahrung aufnehmen (Schweinefleisch, Geflügel, Eier, Milchprodukte, Getreide und Hülsenfrüchte). Das Beispiel zeigt, wie wichtig diejenigen Bausteine für die Bildung von nicht-essentiellen Aminosäuren sind, die wir mit Lebensmitteln zuführen. Daher kann eine Fehlernährung auch einen Mangel an nicht-essentiellen Aminosäuren verursachen. Im Falle von Tyrosin würde sich der Mangel durch Stimmungsschwankungen und sogar Gedächtnisschwächen zeigen. Mangelsituationen kann es bei allen proteinogenen Eiweißbausteinen geben. Der Bedarf des Körpers an diesen nicht-essentiellen Aminosäuren schwankt in einzelnen Lebensphasen sowie infolge der momentanen Belastungen. Das Lebensalter, Stress und sonstige Krankheiten beeinflussen den Bedarf. Eine vegane oder vegetarische Ernährung, aber genauso ungesunder Fast Food können die Bildung nicht-essentieller Aminosäuren hemmen.
Wie beeinflusst die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren die Bildung nicht-essentieller Aminosäuren?
Wie schon im vorherigen Abschnitt dargestellt ist die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren für die Bildung nicht-essentieller Aminosäuren wichtig. Wenn wir die Zufuhr essentieller Aminosäuren über die Nahrung oder durch Nahrungsergänzungsmittel steigern, schaffen wir die Basis für ausreichend viele sonstige Proteinbausteine. Allerdings kommen an dieser Stelle auch die semi-essentiellen Aminosäuren ins Spiel. Gegebenenfalls ist es sinnvoll, einzelne Bausteine wie Tyrosin oder Arginin zusätzlich zuzuführen, um damit gezielt bestimmte Funktionsbereiche zu unterstützen. Arginin ist beispielsweise für die Gefäßspannung und den Blutdruck wichtig. Personen mit hohem Blutdruck können also daran denken, Arginin als Supplement einzunehmen.
Funktionen einzelner nicht-essentieller Aminosäuren
Die Funktionen von nicht-essentiellen Aminosäuren sind auch im Detail sehr interessant. Hier die Beschreibung für einige Vertreter:
Arginin
Diese nicht-essentielle Aminosäure ist für die Produktion des Signalstoffs Stickoxid (NO) wichtig. Makrophagen produzieren ihn und brauchen dafür Arginin. Der Stickoxid hilft dem Körper beim Kampf gegen viele Erreger. Daher stärkt Arginin die Immunkompetenz des Organismus mithilfe des produzierten NO. Außerdem regt es die Aktivität und Neubildung von Lymphozyten an.
Cystein
Die Synthese von Glutathion hängt von Cysteinspiegel ab. Daher ist diese nicht-essentielle Aminosäure einer der wichtigsten Baustoffe für die Immunregulation. Ein Mangel an Cystein erhöht die Infektanfälligkeit.
Glycin
Glycin hat eine bedeutsame immunmodulierende Wirkung. Die nicht-essentielle Aminosäure verringert die Intensität von entzündlichen Prozessen. Sie schwächt auch überschießende Immunreaktionen ab.
L-Glutamin
Das L-Glutamin gilt als Hauptenergiesubstrat der Immunzellen und ebenso des Darmtraktes. Bei zu wenig Glutamin ist der Dünndarm in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Ebenso leidet darunter das Immunsystem. Die Botenstoffsynthese verzögert sich, auch werden bei einem Glutaminmangel zu wenige Immunzellen neu gebildet.
Prolin
Das L-Prolin benötigt der menschliche Körper unter anderem für die Kollagenbildung. Aus diesem Protein bestehen das Bindegewebe und die Knochen. Außerdem ist Prolin ein „Helixbrecher“. Es findet sich am Übergang zwischen einer Alpha-Helix und einer weiteren Sekundärstruktur wie Random Coil, weil es als einzige Aminosäure kein Wasserstoffatom in seiner Peptidbindung hat und sich damit nicht an Wasserstoffbrückenbindungen beteiligt. Als zyklische Aminosäure ist Prolin ein Puffer gegen Ionen, welche die Enzymtätigkeiten einschränken.
Asparagin
Asparagin ist zwar eine nicht-essentielle Aminosäure, spielt aber auch als semi-essentielle, proteinogene Aminosäure eine Rolle, weil es der Körper manchmal unzureichend bildet. Seinen Namen hat es vom Spargel (lateinisch Asparagus), in dem es in großen Mengen vorkommt. Auch Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte liefern es reichlich. Das Asparagin ist für die Nierenproduktion wichtig. Es fördert über die Nieren die Entgiftung, wirkt harntreibend und reinigt das Blut. Selbst für den Abbau von Alkohol ist es bedeutsam, womit es die Leber entlastet.